Entschleunigung, wenn die Zeit im Nacken sitzt

Wenn wir keine Zeit haben...

Kommt dir etwas davon vertraut vor? 

Multitasking im Alltag
Versuchst du mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, wie beim Essen Nachrichten zu lesen oder beim Fernsehen E-Mails zu beantworten?
Einkaufen in Eile
Hastest du manchmal durch den Supermarkt, um schnell deine Einkäufe zu erledigen, ohne dir die Zeit zu nehmen, Produkte bewusst auszuwählen oder den Einkauf zu genießen?
Überfüllter Terminkalender
Planst du deine Tage oft so voll, dass du von einem Termin zum nächsten hetzst, ohne Pausen oder Zeit für spontane Aktivitäten?
Fast Food
Hast du eine Präferenz für schnelle, oft ungesunde Mahlzeiten statt für das Zubereiten und Genießen von selbstgekochtem Essen?
Beruflicher Druck
Fühlst du dich arbeitstechnisch ständig unter Druck, deine Aufgaben schnell zu erledigen und Überstunden zu machen, um alle Erwartungen zu erfüllen?
Freizeitstress
Selbst in deiner Freizeit planst du so viele Aktivitäten, dass du dich eher gestresst fühlst, anstatt dich zu entspannen?
Soziale Medien
Das ständige Scrollen durch soziale Medien gibt dir oft das Gefühl, keine Zeit zu haben, da es in Wirklichkeit viel Zeit in Anspruch nimmt und Ablenkungen schafft?
Hektik im Straßenverkehr
Drängelst oder rast du das ein oder andere Mal im Straßenverkehr, um noch eine grüne Ampel zu erwischen oder um wenige Minuten früher anzukommen, obwohl du dadurch oft nur minimal Zeit sparst?

Wer stiehlt uns die Zeit?

Vor ein paar Tagen habe ich das Buch »Momo« zu Ende gelesen, und das Thema der Zeitdiebe beschäftigt mich immer noch. Für diejenigen, die das Buch nicht kennen: In der Geschichte stehlen mysteriöse Gestalten, die sogenannten grauen Herren, den Menschen die Zeit. Sie überreden die Menschen, Zeit zu sparen, indem sie ihnen versprechen, diese gesparte Zeit später zurückzubekommen. Doch durch diesen Trick werden die Menschen immer hektischer und haben letztlich kaum noch Zeit.

Erinnert das nicht an unseren heutigen Zustand? Werden wir nicht alle immer hektischer, indem wir versuchen, durch Multitasking möglichst viele Dinge gleichzeitig zu erledigen?

Beobachte dich einmal selbst: Wie oft sagst du – »Ich habe keine Zeit«?

Es gab eine Szene, die mich tief berührt hat. Momo betritt ein Schnellrestaurant, das voller Menschen ist, die hektisch und ungeduldig sind, weil sie ihre knappe Zeit nutzen wollen. Momo muss sich dreimal in die Schlange stellen, um mit dem Restaurantinhaber zu sprechen, weil er keine Zeit hat, seine Arbeit zu unterbrechen oder langsamer zu machen. Währenddessen wird sie ständig geschoben und von allen Seiten wird gemurrt, dass sie sich beeilen soll.

Diese Szene spiegelt meiner Meinung nach unser tägliches Leben wider.

Wie oft werde ich auf der Treppe im Bahnhof fast umgerannt, weil die S-Bahn gerade eingefahren ist und viele Menschen noch hineinspringen müssen, obwohl die nächste in drei Minuten kommt?

Und wie oft ertappe ich mich selbst dabei, wie ich zum Bahnhof jogge, weil ich viel zu spät das Haus verlassen habe?

Wie oft fährt mir auf der linken Spur der Autobahn jemand so dicht auf, dass ich mich regelrecht gehetzt fühle, schnell wieder auf die rechte Spur wechseln zu müssen?

Und wie oft ertappe ich mich selbst dabei, ungeduldig auf das Lenkrad zu trommeln, weil jemand vor mir seitlich einparkt und dafür drei Anläufe braucht, während ich doch wirklich keine Zeit habe!

Der »Beeil dich« - Glaubenssatz

Was steckt dahinter, dass wir uns immer so unglaublich beeilen müssen? Oftmals wird uns bereits früh in der Kindheit ein Glaubenssatz in die Wiege gelegt, der in unserer westlichen Gesellschaft tief verankert ist. Dieser Glaubenssatz heißt: »Beeil dich!«

Ich jedenfalls merke mittlerweile sehr oft, wie mich der »Beeil dich«-Glaubenssatz im Alltag oft beeinflusst. Einmal brauchte mein Sohn mehrere Minuten, um das Fahrradschloss zu öffnen, und ich stand ungeduldig daneben und tippte nervös mit den Füßen auf den Boden. Meine Tochter hingegen schaute ihm völlig entspannt zu, was mich innehalten ließ. Ich fragte mich, warum ich eigentlich so ungeduldig war. Hatten wir Termine? Nein. Warum also die Eile, nach Hause zu kommen? In dem Moment, als mir das klar wurde, fiel eine Last von meinen Schultern, die ich mir selbst aufgebürdet hatte. Wir mussten uns nicht beeilen, wir hatten tatsächlich alle Zeit der Welt. Ich entschied, die Unruhe einfach loszulassen. Ich blickte mich um und genoss die Sonne, die auf mein Gesicht schien. Und es fühlte sich wunderbar an, denn in diesem Moment erlebte ich den Zauber des Augenblicks.

Entschleunigung führt zu mehr Flow und Effizienz

Wenn wir entschleunigen, und die Dinge langsamer machen, sind wir in Wirklichkeit gründlicher, genauer und fokussierter. Wir haben sogar die Chance in einen Flow zu gelangen, der bei Multitasking z.B. überhaupt nicht möglich ist.

Wie können wir unser Leben entschleunigen?

Indem wir uns erstmal selbst dabei ertappen, wenn wir gerade etwas schnell machen. Es gibt eine schöne Aussage, die mich sehr geprägt hat und an die ich mich immer wieder versuche zu erinnern:

Wenn du das Gefühl hast, schnell gehen zu müssen, dann gehe erst recht langsam.

Sich achtsam dabei zu beobachten, in welchen Momenten wir schneller werden, ist der erste Schritt, um der »Beeil dich!«-Falle zu entgehen.

Sei wie die Meeresschildkröte Lulu

In dem Buch »Wiedersehen im Café am Rande der Welt« von John Strelecky gibt es eine wunderschöne Geschichte über eine Meeresschildkröte namens Lulu, die mithilfe der Strömung schwimmt, anstatt gegen die Wellen anzukämpfen. Lulu symbolisiert dabei die Gelassenheit und die Fähigkeit, sich dem Leben hinzugeben, anstatt ständig dagegen anzukämpfen und die Kontrolle behalten zu wollen. 

Oft haben wir das Gefühl, dass wir gegen die Zeit kämpfen, dass wir nicht genug Stunden am Tag haben, um all unsere Aufgaben zu erledigen und unsere Ziele zu erreichen. In dieser Hektik vergessen wir, dass manchmal sogar besser ist, loszulassen und dem natürlichen Fluss des Lebens zu vertrauen. Ähnlich wie Lulu, die sich der Strömung hingibt, können wir lernen, uns dem Fluss des Lebens zu öffnen. Das bedeutet, dass wir uns einzig und allein auf das konzentrieren, was wir gerade tun.

3 Achtsame Übungen, um zu entschleunigen

Um dir bei der Entschleunigung zu helfen und dich darauf zu konzentrieren, was genau vor dir liegt, habe ich hier eine Auswahl wunderbarer Achtsamkeitsübungen für dich zusammengestellt, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Du musst nicht alle drei Übungen machen. Es ist am besten, wenn du dich nur für eine entscheidest, damit du dich nicht überforderst. Lass deine Intuition entscheiden, für welche Übung dein Geist und Körper gerade am empfänglichsten sind.

Gehe bewusst und langsam

Nimm dir ein paar Minuten Zeit, um einmal bewusste Schritte zu machen. Du kannst das bei einem Spaziergang draußen oder in deinem Wohnzimmer tun – ganz so, wie es dir gerade am besten passt.

Stelle dich zunächst etwa hüftbreit hin und richte dein Becken aus. Kippe es einige Male vor und zurück und finde dann eine ausgeglichene Position, in der du sicher stehst. Schließe gerne deine Augen und nimm für ein paar Atemzüge nur deinen Stand wahr.

Öffne dann die Augen und verlager dein Gewicht auf den linken Fuß. Hebe den rechten Fuß an, mache einen Schritt nach vorn und setze die Ferse zuerst auf dem Boden ab. Verlager langsam das Gewicht auf den rechten Fuß und achte dabei bewusst auf die Bewegung deines Beckens. Wiederhole den Vorgang mit dem linken Fuß und gehe dabei genauso achtsam vor.

Gehe einige Schritte in diesem langsamen Zeitlupen-Tempo und erhöhe dann nach ein paar Minuten allmählich die Geschwindigkeit. Behalte dabei die gleiche Achtsamkeit für jeden einzelnen Schritt bei. Steigere das Tempo, bis du deine normale Gehgeschwindigkeit erreicht hast, mit der du zum Beispiel zum Bahnhof gehen würdest.

Halte diese Geschwindigkeit eine Weile und verringere dann allmählich wieder das Tempo, bis du erneut in den Zeitlupenmodus kommst und schließlich zum Stillstand. Schließe noch einmal die Augen und spüre nach, was dieses achtsame Gehen mit dir gemacht hat. Erlaube dir, alles zu fühlen, was aufkommt, und nimm einfach nur deine Empfindungen in diesem Moment wahr.

Iss ganz besonders langsam einen Apfel

Wann hast du das letzte Mal etwas so richtig langsam und bewusst gegessen? Schnapp dir doch mal einen Apfel, setz dich gemütlich hin und verbanne alle Ablenkungen für die nächsten Minuten.

Betrachte den Apfel erst einmal in Ruhe. Schau dir seine Farbe, Form und eventuell besondere Merkmale an. Vielleicht entdeckst du interessante Punkte oder Muster, die deine Aufmerksamkeit fesseln. Rieche dann an dem Apfel und nimm seinen einzigartigen Duft wahr.

Beiße anschließend in den Apfel. Höre das Knacken und spüre den Saft des Apfels auf deiner Zunge. Achte auf jede einzelne Kaubewegung. Wenn du bereit bist, schlucke den Bissen und versuche, den Weg des Apfels in deinen Magen zu verfolgen. Wie weit kannst du dieses Gefühl nachverfolgen, bevor es sich verliert?

Wenn du möchtest, kannst du diese Übung mit jedem weiteren Bissen wiederholen. Wer weiß, was du alles bei dir selbst wahrnehmen wirst, während du einen einfachen Apfel isst!

Mache einfach mal 5 Minuten nichts

Die Vorstellung, absolut nichts zu tun, kann einen ganz schön erschrecken, oder? Was macht man überhaupt, wenn man nichts macht? Hört man auf seine Gedanken oder lauscht der Natur? Beobachtet man vorbeifahrende Autos? Ich gebe zu, es ist gar nicht so einfach, nichts zu tun.

Versuche daher, dich irgendwo hinzusetzen, wo die Geräusche minimal sind und es keine visuellen Ablenkungen gibt. Vielleicht einfach vor eine leere Wand, mit offenen Augen. Stoppe die Zeit und mache nichts. Wahrscheinlich kommen nun viele Gedanken auf. Diese kannst du wahrnehmen und entweder wie in der Meditation weiterziehen lassen oder sie achtsam beobachten.

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Hi, ich bin Antje

Ich biete emotionsfokussiertes und kreatives Coaching in Berlin und Remote an. Bei mir steht die mentale Gesundheit im Vordergrund. Das heißt, es dreht sich alles darum, wie man souverän, authentisch und selbstbestimmt seine beruflichen Ziele erreichen kann, ohne dabei auszubrennen. Alles im Einklang mit seinen eigenen Werten und Bedürfnissen. Meine Vision ist es, in seiner beruflichen Karriere mental gesund aufzublühen.

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